Der Weg zur technischen Autarkie

Von Ben Shory 

Viele Versicherer verlassen sich zu sehr auf externe IT-Anbieter. Wir haben daher für Sie eine Liste mit Tools und Services zusammengetragen, mit deren Hilfe Sie eigenständiger werden können 

Das Aufkommen innovativer Technologien wie No-Code-Tools, künstliche Intelligenz und Automatisierung haben dazu beigetragen, die Art und Weise zu verändern, wie Versicherer arbeiten und mit Kunden interagieren.  

Neue technologische Lösungen haben dazu geführt, die Versicherungsprozesse zu rationalisieren, die Kosten der Versicherer zu senken und die Rentabilität zu steigern. Allerdings sind die traditionellen Versicherer von den Anbietern dieser Technologien abhängig geworden – eine Abhängigkeit, die zu Kommunikationsverzögerungen, geringerer Produktivität und weniger Effizienz im Falle eines Backend-Problems führen kann.  

Dank der digitalen Revolution ist versicherungsbezogene Technologie heute leichter zugänglich, intuitiver und einfacher zu implementieren als je zuvor. Diese Verbesserungen werden unter anderem durch benutzerfreundliche Schnittstellen, Cloud Computing, Software-as-a-Service-Modelle (SaaS) und offene Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) vorangetrieben. 

Durch den strategischen Einsatz der folgenden Tools und Lösungen können traditionelle Versicherer ein Maß an Autarkie erreichen, das ihnen im digitalen Zeitalter bisher vielleicht verwehrt geblieben ist. 

Die Cloud, APIs und Microservices

Cloud-Plattformen ermöglichen Versicherern den Zugang zu Softwareanwendungen, Speicherplatz und Rechenleistung, ohne dass erhebliche Vorabinvestitionen in die Infrastruktur erforderlich sind. So können sie fortschrittliche Technologien nahtlos nutzen und wettbewerbsfähig bleiben. Über diese Cloud-Plattformen ermöglichen SaaS-Anbieter den Versicherern den Zugang zu und die Nutzung von hochentwickelten Lösungen, die belastbar und skalierbar sind. Und das in einem bequemen kommerziellen Modell, das einen Best-of-Breed-Ansatz ermöglicht und Innovationen durch Experimente vorantreiben kann. 

 Der „Microservices“-Architekturansatz erstellt Softwareanwendungen als eine Sammlung kleiner, unabhängiger und lose gekoppelter Services und wird sowohl von SaaS-Anbietern als auch von modernen IT-Teams verwendet. Dieser Ansatz fördert den „Composable Business“-Ansatz, indem er neue Services einführt, unabhängige Service-Lebenszyklen und Upgrades ermöglicht und das Mischen und Anpassen von Anwendungen und Services zu innovativen Geschäftslösungen erlaubt. 

 Offene APIs dienen dazu, die Funktionalitäten einzelner Microservices oder SaaS-Lösungen auf standardisierte Weise offenzulegen. So machen sie es den Versicherern möglich, eine Vielzahl nützlicher Systeme und Tools zu verbinden und zu integrieren. Diese Interoperabilität ermöglicht es Versicherern, neue Lösungen mühelos in bestehende Technologien zu überführen. So eröffnet sich ein umfassendes Ökosystem von Tools und Best Practices zur Orchestrierung, Verwaltung, Überwachung und Kontrolle der zusammengestellten Lösungen. 

Künstliche Intelligenz

KI-Tools bieten Versicherern Möglichkeiten zur automatisierten Entscheidungsfindung und intelligenten Datenverarbeitung, mit deren Hilfe sie ihre Daten optimal nutzen können, um Underwriting-Prozesse zu optimieren, Risiken zu bewerten und die Betrugserkennung zu verbessern. Nicht umsonst sagen 49 % der Führungskräfte in der Versicherungsbranche, dass KI ihnen geholfen hat, effizienter zu arbeiten. 

Chatbots mit natürlicher Sprachverarbeitung (NLP) und andere KI-gestützte virtuelle Assistenten verbessern beispielsweise den Kundenservice und rationalisieren Anfragen. “Computer Vision”, eine weitere KI-gestützte Lösung, automatisiert die Datenextraktion aus Dokumenten, vereinfacht die Schadensbearbeitung durch Schadensbewertung, identifiziert Betrugsmuster und verbessert die Genauigkeit bei der Risikoübernahme durch visuelle Daten.  

Vorausschauende Analytik

Darüber hinaus spielt KI eine wichtige Rolle dabei, Vorhersagen über zukünftige Ereignisse oder Ergebnisse zu treffen. Prädiktive Analysen helfen Versicherern, datengestützte Entscheidungen zu treffen, Risiken zu erkennen und ihren Betrieb zu optimieren – Vorteile, die bisher bei 60 % der Versicherer zu höheren Umsätzen und bei 67 % zu geringeren Kosten geführt haben.  

Diese Erkenntnisse geben Versicherern die notwendigen Informationen, um Kundenbedürfnisse zu antizipieren, betrügerische Aktivitäten zu erkennen und Risiken genau einzuschätzen – alles in Echtzeit. Damit können Versicherer finanzielle Verluste minimieren, die Kundenzufriedenheit erhöhen und die Gesamtrentabilität verbessern.  

No-Code-Entwicklung

Der Einsatz von No-Code-Plattformen fordert nach wie vor Kapazitäten von IT- und Entwicklerteams und ist daher nicht unbedingt ein Beispiel für die Flexibilität und Agilität einer Lösung.  

Dennoch versetzen No-Code- oder Low-Code-Plattformen Versicherer in die Lage, kundenspezifische Anwendungen und Lösungen zu erstellen, ohne dass umfangreiche Programmierkenntnisse erforderlich sind. Schätzungen zufolge werden diese Tools bis 2024 schon 65 % der Anwendungsentwicklungsaktivitäten ausmachen. 

 Versicherer können diese Tools nutzen, um intuitive Schnittstellen zu erstellen, Arbeitsabläufe zu automatisieren und digitale Lösungen zu entwickeln. Diese werden auf spezifische Prozesse in verschiedenen Abteilungen zugeschnitten sein: Schadensmanagement, Policenverwaltung, Kundenbeziehungen und mehr. Wichtig ist, dass die No-Code-Tools es den Versicherern ermöglichen, diese Systeme schnell zu entwickeln und anzupassen, um den sich ändernden Erwartungen der Branche gerecht zu werden.  

Autarkie!?

Wenn es um das Streben nach Autarkie geht, spricht vieles dafür, Lösungen selbst zu entwickeln, anstatt sie zu kaufen. In der Tat entspricht die Abhängigkeit von externen Anbietern nicht unbedingt dem Ethos der Autarkie. Aber die Arbeit, die für die Entwicklung einer internen Lösung erforderlich ist, kann kostspielig, zeitaufwändig und schwierig sein. Es ist leichter gesagt als getan, ein fertiges Produkt zu entwickeln, das sich nahtlos in bereits bestehende Arbeitsabläufe und Produktpläne einfügt.    

Um echte Autarkie zu erreichen, tun Versicherer gut daran, spezialisierte Lösungen genauer unter die Lupe zu nehmen. Damit sind Lösungen gemeint, die von Nicht-Technikern in hohem Maße konfiguriert werden können, offen für Erweiterungen sind und moderne Standardtechnologien verwenden. Dieser Ansatz gewährleistet eine minimale Bindung an einen bestimmten Anbieter sowie nützliche Inhalte, die bereits im Lieferumfang enthalten sind, und kontinuierliche Upgrades. 

Jedes der aufgeführten digitalen Tools trägt zur Verbesserung der verschiedenen Teile in der Wertschöpfungskette der Versicherung bei. Ziel ist es, unabhängig zu werden, denn dies ist ein Schlüssel zum Erfolg moderner Versicherer.  

Autarkie ermöglicht es traditionellen Versicherern, sich als agile, kundenorientierte Organisationen zu positionieren. Nur so sind Marktteilnehmer in der Lage, Mehrwert zu liefern und in einer dynamischen Versicherungslandschaft die Nase vorn zu haben.  

Diese Flexibilität gibt den Versicherern die Freiheit, einzigartige Strategien, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und umzusetzen. Glücklicherweise gibt es mehr als genug KI-gestützte Low-Code- und Predictive-Analytics-Tools, mit denen Versicherer experimentieren können. Diese können sie schließlich übernehmen, um ihre internen Prozesse und damit auch ihre Gewinne zu verbessern.