Von Martin Greenberg
Von den verheerenden Waldbränden in Kanada bis zu den katastrophalen Überschwemmungen in der Türkei, Griechenland und Bulgarien: Die drastischen Folgen des sich beschleunigenden Klimawandels nehmen stetig zu – und sie werden teurer. Milliardenschwere Stürme haben allein in diesem Jahr die USA bereits über 57 Milliarden US-Dollar an Schäden gekostet. Und das Jahr ist noch nicht vorbei.
Aber diese Klimakrise hat sich seit Jahrzehnten verschärft. In den letzten 30 Jahren sind versicherte Verluste durch extreme Wetterkatastrophen um erstaunliche 250 % gestiegen. Dennoch passen nur lächerliche 8 % der Versicherer ihre Strategien aktiv an. Weit häufiger suchen Versicherer die Hilfe von Rückversicherern, um diese eskalierenden finanziellen Auswirkungen zu mildern.
Die kombinierte Intensität und Häufigkeit der heutigen Naturkatastrophen erschweren es jedoch Rückversicherern, die Rechnungen zu begleichen. Angesichts der entscheidenden Rolle, die sie bei der Bewertung von Klimarisiken und der Festlegung von Anpassungsmaßnahmen spielen, müssen die Preismodelle und Risikomanagementstrategien der Rückversicherungsbranche entsprechend angepasst werden.
Die Auswirkungen des Klimawandels führen weiterhin zu einem Anstieg der globalen Temperaturen, der Erwärmung der Ozeane und einer daraus resultierenden Vielfalt von Wetterkatastrophen. Infolgedessen steigen die Gesamtbeträge der Versicherungsdeckung für Gewerbeimmobilien stärker an, als es typischerweise in Reaktion auf das allmähliche Bevölkerungswachstum und wirtschaftliche Veränderungen geschieht.
Diese Diskrepanz gerät außer Kontrolle. Als Reaktion auf den schwindelerregenden Anstieg der versicherten Schäden erhöhen viele Versicherer ihre Prämien und ziehen sich im Extremfall ganz aus den betroffenen Märkten zurück, was ungünstige wirtschaftliche Folgen nach sich zieht. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Versicherungswirtschaft gehen jedoch über die traditionelle Risikobewertung hinaus – sie betreffen alle Sach- und Unfallversicherungssparten.
Bei der Analyse und Bewertung der versicherten Schäden in der Sachversicherung lassen sich Naturkatastrophen beispielsweise in zwei Kategorien einteilen: in intensive Risiken, d. h. Ereignisse mit geringer Häufigkeit und hohem Schadenausmaß wie Wirbelstürme und Erdbeben, und umgekehrt, d. h. Risiken mit hoher Häufigkeit und geringem Schadenausmaß wie Sturzfluten, Waldbrände und lang anhaltende Hitzewellen. In der Haftpflichtversicherung beispielsweise beschleunigen Temperaturschwankungen und Wetterextreme die Zerstörung der Verkehrsinfrastruktur, was unweigerlich zu einem Anstieg der Unfälle und Versicherungsansprüche führt.
Die Versicherer sehen die Zeichen der Zeit erkannt. In einer Umfrage des Finanzdienstleisters Moody’s Analytics bei 30 globalen Versicherern in Nordamerika, Europa, Asien und Australien gehen 52 % davon aus, dass die derzeitigen Risikobewertungsinstrumente erheblich verändert werden müssen, um klimabedingte Ereignisse zu berücksichtigen. Obwohl 14 % dieser Unternehmen beabsichtigen, auf ihre derzeitigen Risikomanagementkapazitäten zurückzugreifen, planen 34 %, völlig neue klimabezogene Risikomodelle zu erstellen.
Angesichts der Entwicklung des Klimawandels dürfte diese Zahl noch höher sein.
In den letzten Jahren hat sich die Rückversicherung als finanzieller Rettungsanker für die Versicherer im Zuge der Klimakatastrophen erwiesen. Rückversicherer – also diejenigen, die Versicherungen für Versicherer anbieten – tragen einen erheblichen Teil der versicherten Schäden, die aus solchen Ereignissen resultieren. Dies führt jedoch häufig zu einer Erhöhung der Rückversicherungsprämien, was wiederum zu Problemen für den Versicherungsmarkt und schließlich auch für die Öffentlichkeit führt.
Die Rückversicherer müssen daher ihre eigene Anfälligkeit für Klimarisiken verringern, indem sie ein angemessenes Risikomanagement betreiben und sicherstellen, dass die Versicherer dasselbe tun. Die Rückversicherer werden auch Lösungen für den Kapitalmarkt und alternative Risikotransfermechanismen prüfen müssen, um die erhöhte Exponierung gegenüber Sachkatastrophenschäden zu bewältigen. Allein die zunehmende Häufigkeit von Wirbelstürmen sollte ausreichen, um die Rückversicherer zu zwingen, neue Modelle und Preisstrategien zu entwickeln, um dieses wiederkehrende Risiko zu decken.
Außerdem müssen die Rückversicherer dringend ihre Risikomodellierungsverfahren verbessern, vor allem, wenn es um umfangreiche Klimarisiken geht. Tatsächlich machen diese Arten von Wetterereignissen 42 % der gesamten wirtschaftlichen Verluste in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen aus – eine Tendenz, die gefährlich ansteigt und daher eine genaue Risikobewertung in Echtzeit erfordert.
Viele der Stürme und Wetterereignisse, die sich heute weltweit ereignen, haben wirklich ein neues Ausmaß erreicht. Abgesehen von den Tragödien, die der Klimawandel bisher mit sich gebracht hat, zwingt die Krise die Versicherungsbranche zur Anpassung.
Versicherungsschutz ist ein Rettungsanker, aber das Ausmaß dieser Wetterextreme zwingt die Versicherer dazu, sich für ein genaues Risiko- und Kapitalmanagement noch stärker auf Rückversicherer zu verlassen. Angesichts der besorgniserregenden Umweltaussichten müssen sich die Rückversicherer weiterhin auf eine angemessene Risikobewertung und Preisgestaltung konzentrieren, um dem Sturm wirksam zu begegnen.
Martin Greenberg ist Leiter der Business Practice Rückversicherung bei Sapiens